#FBM17 – fest verankert im Kopf
Sie wird mir in Erinnerung bleiben, die Frankfurter Buchmesse 2017. So wie auch all die anderen Buchmessen in Leipzig und Frankfurt, die ich in den Jahren besucht habe. Geprägt war diese Messe für mich allerdings nicht vordergründig durch das Entdecken von Neuerscheinungen. Und auch nicht von Lesungen, TV-Aufzeichnungen oder Signierstunden.
Vielmehr verbinde ich die #FBM17 mit Menschen. Mit Begegnungen. Mit Eindrücken. Mit vielen wunderbaren Persönlichkeiten, die ich dort treffen durfte. Wir unterhielten uns, winkten uns zu, wir umarmten uns, strahlten uns an, wir schauten uns gegenseitig in die erschöpften Gesichter, verstanden uns manchmal ohne Worte, wir tranken und aßen miteinander. Manche lernte ich kennen und war ihnen vorher nie begegnet, andere kannte ich bisher nur „online“. Ich traf langjährige Freunde, Freundinnen und Bekannte. Teils hatten wir feste Verabredungen und Termine, anderes ergab sich spontan. Eine neue Bekanntschaft mit einer jungen Autorin im Bus, ein Gespräch mit einer ehemaligen Journalistin im Messecafé, ein kurzer Austausch mit Verlagsmitarbeitern über ein mögliches Projekt – so waren sowohl der Donnerstag und auch der Freitag schneller rum als gedacht.
Ich habe es sehr genossen und bin noch immer dabei alle Erlebnisse in meinem Kopf zu ordnen, die vielen neuen und alten Kontakte gedanklich zu sortieren und mindestens über die sozialen Medien zu fixieren. Ideen und Projekte dürfen sortiert und angegangen werden. Außerdem ist mein kreatives „Schreibzentrum“ nach so einer Begegnung mit vielen Buchmenschen immer auf Höchstbetrieb. Das alles muss aber auf die ruhigen Stunden am Abend, die Pendelstunden in der Bahn und die Wochenenden warten. So wie auch dieser Beitrag etwas gebraucht hat, bis er reif für das Blog war.
Selten habe ich so wenig Materielles von einer Buchmesse mit nach Hause gebracht wie in diesem Jahr. Nur ein paar besondere Lesezeichen, einige Künstlerpostkarten und wenige unwiderstehliche Bücher (die ich an anderer Stelle noch genauer vorstellen werde) sind es geworden. Denn die materiellen Dinge waren nicht im Mittelpunkt. Dort standen die Begegnungen, die Erlebnisse und ganz persönlichen Kontakte. Danke an dieser Stelle an alle, die ich treffen durfte. Ihr habt die Messe zu dem gemacht, was sie sein soll.
Wieder zu Hause
Am Freitagabend und darauffolgenden Samstag wurden meine Buchmesseerlebnisse durch etwas ergänzt, das ich zuvor nie mit einem solchen Ereignis verbunden habe: Angst und Fassungslosigkeit. Da wurde einer befreundeten Frau die Presseakkreditierung abgenommen und sie wurde von der Security mehrere Stunden festgehalten. Ich las von dem Faustschlag ins Gesicht des Trikont-Verlegers. Am Samstag dann eskalierte die Situation in Halle 4, es wurde geschrien, skandiert, Parolen gerufen. Eine junge Frau twitterte, sie befände sich in einer Menge aus Menschen, die plötzlich da waren, ausländerfeindliche und rassistische Äußerungen machten („Migrantenmüll“ – um nur ein Beispiel zu nennen). Und sie hatte Angst! Angst auf einer Veranstaltung, die einen interkulturellen Zusammenhalt geradezu lebt. Was war da los? Ich saß zu Hause und verspürte diese Angst ebenfalls. Ich dachte an meine FreundInnen, Bekannte und all die vielen anderen Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die sich an diesen Ort begeben hatten, um die Vielfalt zu genießen, die Welt der Bücher zu feiern. All das wurde hier mit Füßen getreten und ich konnte nur aus der Ferne quasi „live“ zusehen.
Es war schrecklich. Es verfolgte mich bis in den Schlaf und ich hatte richtiggehend Angst, was da am Sonntag folgen würde. Es gab mittlerweile Stellungnahmen verschiedener Quellen, Berichte und Beiträge von Personen, die direkt vor Ort und betroffen waren. Von rechter Gewalt, dabei ist unerheblich, ob sie physisch oder psychisch ausgeübt wurde. Ich war nicht mehr vor Ort, bekam nur Teile mit und dennoch fürchtete ich, dass viele Menschen verletzt wurden, ihnen Angst eingejagt wurde. Zu Hause war ich natürlich in Sicherheit vor direkter Gewalt, nichtsdestotrotz fühlte ich mich angegriffen. Direkt ins Herz. Eine vor ein, zwei Tagen noch perfekte Welt wurde angegriffen. Damit konnte ich nicht umgehen.
Und so wird diese #FBM17 mir in ganz besonderer Erinnerung bleiben und immer mit dem Schock über die Geschehnisse verbunden bleiben.
Links
In diesem Beitrag schreibe ich über meine ganz eigenen Gefühle und habe keine Details zu den Geschehnissen genannt. Die findet ihr anderswo, ein kleine Auswahl an Links habe ich hier für euch.
Gegen Rechts auf der Frankfurter Buchmesse (Piranhapudel)
Nazis auf der fbm. Blogger gegen Blogger. Und was wir tun sollten. (Die Bücherkrähe)
Die Buchmesse: Von Vielfalt und Reaktionen (Schreibtrieb)
Tom Kraushaar (Klett-Cotta) im Interview mit „Die Welt“
Es wird mindestens einen weiteren Beitrag von mir geben, in dem ich über meine Entdeckungen auf der #FBM17 berichte und davon erzähle, wie es mit der Comicpräsenz so aussah. Für heute, für mich und hier und jetzt, war aber erst einmal dieser Beitrag fällig.
3 Comments
Warum es keinen Die-FBM-war-so-mega-toll-Beitrag geben wird - Jasmin Zipperling | Offizielle Webseite der Autorin
6. Dezember 2023 at 12:09[…] Booknapping: Immaterial Girl – Frankfurter Buchmesse 2017 […]
Cindy
18. Oktober 2017 at 19:05Liebe Sandra, danke für deine Verlinkung und noch viel mehr bedanke ich mich dafür, dass du mir am Freitagabend auf Twitter geschrieben hast. Ich hab ja getwittert, während wir noch nicht weggehen durften und konnten, weil die unsere Ausweise hatten, und bin im Kopf ganz schön durchgedreht. Da hat es mir sehr geholfen, dass ich gemerkt habe, dass du da bist.
Im übrigen spiegelt der erste, schönere Teil des Berichts aber auch meine Erfahrungen und Begegnungen wider. :)
Liebe Grüße, Cindy
booknapping
18. Oktober 2017 at 19:53Liebe Cindy,
vielen Dank für deine Worte. Ich bin gerührt und kann mir kaum vorstellen, wie du/ihr euch gefühlt haben mögt. Ich war sehr beruhigt am nächsten Tag zu lesen, dass es euch gut ging und die Angelegenheit zumindest vorerst geklärt war.
Liebe Grüße,
Sandra
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