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Sachbuch / Biografie

Übers Zeitgefühl. Tick Tack von Claudia Hammond

Buch neben einer Kerze

Wie ist das mit der Zeit eigentlich? Wird ein Termin nach vorne verlegt oder nach hinten verschoben, wenn er von März auf April wechselt? Tatsächlich ist es individuell ganz verschieden, wie wir Zeit wahrnehmen. Damit sind schon bei solch einfachen Aussagen Missverständnisse vorhersehbar.

Warum vergeht die Zeit im Urlaub so schnell, während die verbrachte Zeit sich im Rückblick sogar länger als die auf dem Kalender verstrichene Zeit sich anfühlt? Kann Zeit visualisiert werden und wie sieht sie für jede*n von uns dann aus? Schreitet Zeit für uns voran, in dem wir uns auf einen Punkt in der Zukunft zubewegen? Oder in dem diese Zukunft sich auf uns zubewegt?

Psychologin Claudia Hammond gibt in Tick Tack. Wie unser Zeitgefühl im Kopf entsteht unter anderem diesen Fragen auf den Grund. Erläutert das Geheimnis der subjektiven Zeitwahrnehmung unter Berücksichtigung von Erkenntnissen aus der Neurowissenschaft und Experimenten. Und gibt abschließend Tipps, wie man sein Verhältnis zur Zeit ändern kann.

These: Zeit ist eine Illusion

Leseprobe Inhaltsverzeichnis
Tick Tack S. 7 © Claudia Hammond / Klett-Cotta Verlag

Ist Zeit wirklich nur eine Illustion? Oder ist Zeit doch etwas ganz Reales? Etwas, das erforschbar und messbar ist, sich völlig logisch verhält und sogar erklären lässt? Wenn dem so ist, warum empfinden wir Zeit dennoch als so unterschiedlich? Wie kann es sein, dass die Zeit für Menschen nicht gleich schnell zu vergehen scheint? Warum fühlen sich 30 Minuten bügeln ewig lang an, 30 Minuten surfen im Internet aber fliegen nur so dahin? Und wenn man das rausgefunden hat, kann man dann Zeit gewinnen oder sparen?

Dass es nicht so einfach ist mit der Zeit, zeigt schon mein Umgang mit ihr in dieser Buchkritik. Ich verstricke mich beim Sinnen über die Zeit und der Vorstellung eines Zeitgefühls direkt wieder in Überlegungen und Fragen. Warum ist das so? Und konnte Claudia Hammond mir da weiterhelfen? Antwort: teilweise.

Anfangs hat mir Hammonds Sachbuch Tick Tack viele Antworten gegeben, ich machte Markierungen an die Seiten des ersten, zweiten und dritten Kapitels mit euphorischen Kommentaren:

„Mir schon passiert!“
„Interessant! Ich kann Zeit selbst schlecht einschätzen … *grübel*“
„Auch Zeit kann man also „sehen“? Ich verstehe sie oft einfach als eine Ebene“

Aber immer wieder mischten sich auch kritische Gedanken darunter. So berichtet die Autorin im Abschnitt Der Montag ist rot beispielsweise davon, dass Geschehnisse anhand von Bildern gedanklich zeitlich eingeordnet. Sie geht dabei davon aus, dass alle Menschen beim Nachdenken Bilder vor ihrem geistigen Auge entstehen lassen können. Ich war überrascht, diese Aussage in einem wissenschaftlich fundierten Buch zu finden, zumal ich selbst sehr gut weiß, dass eben nicht jede*r überhaupt Bilder in Gedanken sehen kann (s. dazu mein Beitrag Lesewahrnehmung: Ich sehe keine Bilder. Und du?). An anderer Stelle habe ich mein Empfinden über die Wahrnehmung von Tagträumen in der von Hammond dargestellten Ausnahme wiedergefunden. Diese Punkte haben mich verwirrt. Sollte ich damit aber wirklich eine Minderheit repräsentieren, passen die Aussagen im Buch wohl sehr gut auf viele andere. Um das zu bestätigen, bin ich aber leider nicht die Richtige.

Wir denken, wir haben etwas, das wir uns vorgenommen haben, auch tatsächlich getan. Dass uns das andersherum passiert – und wir eine Erinnerung für einen Tagtraum halten -, ist eher die Ausnahme.

TICK TACK, S. 256 © CLAUDIA HAMMOND / KLETT-COTTA VERLAG

Tick Tack liefert viele spannende und für mich neue Informationen. Einige der Erkenntnisse haben sich regelrecht eingebrannt und ich bin mit dem neuen Wissen auch schon hausieren gegangen. Dieses populärwissenschaftliche Sachbuch enthält jedoch auch ein paar überholte Thesen, was daran liegen mag, dass das Buch im Original bereits 2012 erschienen ist – immerhin sieben Jahre vor Veröffentlichung der deutschen Ausgabe. Mit zunehmender Seitenzahl wiederholten sich zudem Aussagen immer mal wieder. Da wäre Raum gewesen, den Text kürzer und knackiger zu gestalten.

Wer Antworten auf die am Anfang dieser Rezension gestellten Fragen möchte, findet sie (höchstwahrscheinlich) in diesem Buch. Jetzt braucht ihr nur noch Zeit, um es zu lesen :-) Das sollte sich doch sicher einrichten lassen. Und wenn ihr es gelesen habt, interessiert mich wiederum brennend, wie ihr es empfunden habt.

TICK TACK. WIE UNSER ZEITEMPFINDEN IM KOPF ENTSTEHT VON CLAUDIA HAMMOND
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Erschienen 2019 im Klett-Cotta Verlag (Link auch zur Leseprobe)
Übersetzt aus dem Englischen von Dieter Fuchs
Originaltitel: Time Warped. Unlocking the Mysteries of Time Perception
364 Seiten, ISBN 978-3-608-96344-1, Hardcover mit Schutzumschlag, 22 Euro
Eine weitere Rezension gibt es bei der Kollegin
Bleisatz

Dieses Buch habe ich als kostenfreies Rezensionsexemplar erhalten.
Meine Meinung ist davon völlig unbeeinflusst.

Cover, zeigt einige Uhren und Zahnräder auf weißem Hintergrund
TICK TACK © CLAUDIA HAMMOND / KLETT-COTTA VERLAG

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2 Comments

  • Bettina
    25. April 2020 at 12:49

    Hallo Sandra,

    in Sachen Zeit habe ich auch viel dazu gelernt und trotzdem bleibt Zeit am Ende dieses Buchs weiterhin ein paradoxes Phänomen. Damit müssen wir wohl leben ;-)

    Interessant, dass du auf das Problem gedanklicher Bilder aufmerksam machst. Darüber bin ich nicht gestolpert, weil ich welche sehe. Da wäre es wirklich spannend zu erfahren, was die Forschung dazu sagt, wenn innere Bilder keine Rolle bei der Zeiterzeugung spielen können!

    Viele Grüße
    Bettina

    Reply
    • booknapping
      25. April 2020 at 15:52

      Hallo Bettina,
      ja, genau das habe ich im Buch vermisst. Es geht halt eher auf die Regelfälle ein, nicht aber auf die Ausnahmen. Schade, trotzdem aber war es sehr interessant und hatte Neues im Gepäck.
      Liebe Grüße
      Sandra

      Reply

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