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Bloggerleben / Rubrik

Gegen die Dummheit anschreiben

Rotes Notizbuch von Diogenes auf Schulungsunterlagen

Die Vorgeschichte

In der letzten Woche habe ich einen Bildungsurlaub mit dem Thema „Einführung in die Philosophie“ besucht. Mit Ausnahme von einigen zufälligen Begebenheiten hatte ich bisher keinen konkreten Kontakt mit dem Thema, habe auch nicht bewusst Texte von Philosophen gelesen. Zwar las ich beispielsweise die Illias von Homer (nicht komplett bislang), war mir aber gar nicht bewusst, dass Homer ein Philosoph war. Ich lies mich also überraschen.

Vorweg genommen kann ich sagen, dass die fünf Tage eine große Bereicherung für mich waren. Ich habe Philosophen von der Antike über die Neuzeit bis hin zur Moderne kennengelernt. Wir haben in der kleinen Gruppe von 13 Teilnehmern deren Texte gelesen, analysiert und interpretiert. Wir haben diskutiert, der Dozent (Professor der Philosophie) hat uns gekonnt an das philosophische Gespräch herangeführt. Und immer blieb es nicht bei den Metaphern, sondern wir prüften jedes Mal, ob die Beispiele in die Gegenwart übertragbar waren. Es war erstaunlich zu erfahren, wie viele der heute so quer liegenden Themen in der Gesellschaft schon vor Hunderten, gar Tausenden von Jahren präsent waren. Und doch hat sich nur wenig verändert – wenn überhaupt. Von der Ausbeutung der Tiere, über die Macht des Konsums bis hin zur Unmündigkeit von Bürgern. All das ist brandaktuell und auch wenn es mir im Grunde schon in einigen Punkten klar war, wurde es durch das Infragestellen in diesem Kurs nochmal präsenter.

„Kein Recht auf Dummheit“

Ich weiß nicht mehr, bei welchem Philosophen wir gerade waren – es müsste einer der vorchristlichen gewesen sein, vermutlich beim Kennenlernen des Höhlengleichnisses von Platon (427 – 347 v. Chr.) -, als unser Dozent sagte, es gäbe „Kein Recht auf Dummheit“. Diese Aussage hat sich bei mir eingebrannt und zu dem Zeitpunkt wusste ich, dass ich ein paar Worte dazu schreiben möchte. Um es festzuhalten, für mich und auch für alle anderen.

Im Kontext war dies ein Diskurs über die Notwendigkeit der Mündigkeit. Denn es gibt kein Recht darauf, sich hinzugeben und selbst nicht mehr nachzudenken.
Kein Recht darauf, alles anderen zu überlassen, dafür zu zahlen, selbst nicht aktiv werden zu müssen.
Es gibt kein Recht darauf, faul zu sein.
Sich nicht zu bilden.
Unmündig zu sein.

Die Menschen driften immer mehr dahin ab, aber genau dies zu tun. Und ich denke, dass eben dagegen wir alle etwas tun können!

Schreibt an gegen die „Dummheit“

Ich bin der festen Überzeugung, dass jede und jeder etwas tun kann, um dieser Entwicklung entgegenzustehen. Auch und im Besonderen im „Kleinen“, z. B. im eigenen Blog. Ich habe noch während des Kurses letzte Woche einige Punkte für mich notiert. Sie sind nicht wirklich neu für mich, sondern eher eine jetzt niedergeschriebene Bestätigung meiner Haltung.

  • Stelle dich gegen dauerhaftes oberflächliches Konsumieren, das keine Fragen aufwirft – den Menschen nicht weiterbringt.
  • Lass Faulheit und Lümmelhaftigkeit nicht gedeihen, lebe sie nicht exzessiv aus.
  • Habe einen inneren Maßstab in dir, übernehme nicht ungeprüft die „Wahrheiten“ anderer als deine eigenen.
  • Sei vorurteilsfrei.
  • Jede/jeder kann mehr als das nachzuahmen, was andere tun.
  • Habe eine eigene Meinung. Sei mutig. Sprich sie aus. Steh zu ihr.
  • Lerne. Denke. Diskutiere.
  • „Ein Gespräch setzt voraus, dass der andere Recht haben könnte.“ (H.-G. Gadamer im Gespräch mit dem Spiegel 8/2000)

Sprache ist der Weg Inhalt und Ästhetik zu transportieren. Also genau der, den wir unter anderem mit unseren Blogbeiträgen gehen. Ich habe diese geisteswissenschaftliche Woche sehr genossen, auch wenn ich jeden Tag so platt war, als hätte ich mindestens doppelt so lange dort verbracht als es tatsächlich war. Die Kopfschmerzen haben sich gelohnt und mein Entschluss steht fest, ich werde weiterhin dran bleiben. Am Denken. Und Schreiben. Daran, dass ich meine eigene Meinung vertrete. Und am Entdecken der Philosophie. Was für eine Bereicherung.

„Wenn du einfach eine Wahrnehmung ignorierst und nicht unterscheidest zwischen einer Meinung, die noch unbestätigt ist, und einer, die gesichert ist aufgrund der Wahrnehmung und des Gefühls und der Vorstellungskraft des Geistes, so bringst du auch die übrigen Wahrnehmungen durcheinander mit dieser haltlosen Meinung, sodass du kein Kriterium mehr hast. Und wenn du unter deinen Ansichten sowohl die für gültig erklärst, die auf Bestätigung warten als auch die anderen, die nicht bestätigt werden müssen, wirst du dem Irrtum nicht entgehen, weil die Zweideutigkeit bei jeder Beurteilung dessen, was richtig oder nicht richtig ist, bestehen bleibt.“Epikur (341 – 270 v. Chr.)

„Wenn man sein Gewissen dressiert, so küsst es uns zugleich, indem es beißt“F. Nietzsche (1844 –
1900) Jenseits von Gut und Böse, Aph. 98

Schulungsunterlagen für Philosophiekurs und ein rotes Noitzbuch

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5 Comments

  • Katharina (Keksmond)
    3. November 2017 at 21:22

    Wo kann man denn einen so coolen Kurs besuchen?
    LG Katharina

    Reply
    • booknapping
      4. November 2017 at 20:49

      Liebe Katharina,

      ich habe den Kurs bei der VHS besucht und auch wenn eine solche Fortbildung natürlich immer vom Dozenten und den anderen Teilnehmern abhängig ist, gibt es bestimmt in vielen Orten und Städten ähnliche Angebote. Falls du einen Philosophie-Kurs besuchst, bin ich neugierig, wie deine Erfahrungen sind :-)

      Liebe Grüße,
      Sandra

      Reply
  • Sina
    3. November 2017 at 12:26

    „Kein Recht auf Dummheit“ Das ist echt eine starke Aussage! Das muss ich mir irgendwo aufschreiben, damit mir das im Gedächtnis bleibt.
    Toller Beitrag!!

    Reply
    • booknapping
      4. November 2017 at 20:47

      Liebe Sina,

      vielen Dank und ja, ich werde die Aussage wohl auch so schnell nicht mehr vergessen. Sehr stark. Ich bemerke außerdem weiterhin die Nachwirkungen des Kurses und damit der intensiven Beschäftigung mit dem Thema. Eine absolut nachhaltige Erfahrung.

      Liebe Grüße,
      Sandra

      Reply
  • NadelNerd
    31. Oktober 2017 at 12:06

    Dieses Semester habe ich IT-Recht und Teil ist natürlich das Grundgesetz und Telemediengesetz. Das eine sagt aus, das war das Recht auf freie Meinungsbildung und -äußerung haben. Sicherlich bekannt. Das andere verstärkt unser Recht auf freie Meinungsbildung und die dafür notwendige Vielfältigkeit der Medien, damit wir eben nicht „die“ Meinung übernehmen, sondern selbst denken. Ein Recht von dem wir alle Gebrauch machen sollten.

    Reply

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