Ein feiner Herr ist er, der Louis Lefebvre, der den langen Weg von Paris nach Wien auf sich genommen hat, um seinen Freund, den Herrn Beethoven, zu besuchen. Von sich selbst behauptet Lefebvre, maßgeblich dafür verantwortlich zu sein, dass Beehoven seine Eroica eben nicht Napoleon gewidmet hat und damit einen großen Fehler begangen hätte – jetzt wo sich Bonaparte selbst zum Kaiser ausgerufen hat.
Jedoch wird die Suche des Parisers zu einer Odyssee durch Wien und seine Randgebiete. Die Wiener schicken ihn von einem Haus zum anderen. Jeder scheint einen anderen Ort zu kennen, an dem der Komponist gerade jetzt und heute lebt. Dass er allerdings schon zwei Tage zuvor, am 26. März 1827 verstorben ist, und nirgends mehr lebt erfährt Louis erst nach vielen Kutschfahrten durch das malerische Wien. Warum, um Himmels willen, hat ihm das niemand gesagt?
Er ist doch schon tot!
Mit opulentem mit Schnörkeln versehenen Vorsatzpapier und einer doppelseitigen Ansicht Wiens im Jahr 1827 auf den ersten paar Seiten empfangen uns Peer Meter und Rem Broo in ihrer Rückschau auf die Tage direkt nach Beethovens Tod. Broos Zeichnungen und Koloration sind wundervoll weich, barock und tragen das Szenario über viele Panels auch ganz ohne Worte. Selbst, wenn die Jahreszeit nicht durch die Story selbst festgelegt und damit bekannt wäre, würden die Bilder sie verraten. Knospende Bäume und ein – wie drücke ich es aus – frühlingshaftes frisches Licht nach einem vermutlich harten Winter überbringen die Botschaft perfekt.
Peer Meter ist mit Beethoven zwar seiner Vorliebe für Comicbiografien im weitesten Sinne treu geblieben, hat sich mit dem Komponisten aber einen ganz anderen Protagonisten ausgewählt als für seine (im Übrigen hervorragenden) Graphic Novels über Serienmörder (Gift, Haarmann, Vasmers Bruder). Dabei bleibt natürlich sein Gespür für eine gleichsam unterhaltsame und informative Erzählweise. Mit viel Humor lässt er seine Figuren über seinen titelgebenden und zudem verstorbenen Musiker berichten. Sie lästern über ihn, schimpfen über seine cholerischen Züge. Darüber, welchen Krach seine musikalischen Exzesse gemacht haben, welche Art Liebhaber er war. Und natürlich wie oft er umgezogen ist. Diese verschiedenen Orte an der Seite der eigentlichen Hauptfigur Louis Lefebvre zu besuchen und durch Wien zu reisen, ist fantastisch gelöst und macht nicht nur optisch sehr viel Spaß.
Vier Jahre haben die zwei Künstler an Beethoven. Unsterbliches Genie gearbeitet, wie im Dank des Zeichners Rem Broo am Ende des Buches zu lesen ist. Neben dem im locker-leichten Stil und amüsant erzählten Comic findet sich im Anschluss ein spannendes knapp fünfseitiges Interview mit Peer Meter im Band. Wer hätte gedacht, dass die im zufällig begegnete Information über Beethovens verschwundenen Kopf, ihn schließlich dazu bringen würde, einen Comic zu schreiben.
Volltreffer, genau das ist dem Team hervorragend gelungen. Auch das Einbringen des Wiener Dialekts ist großartig geworden, ich habe ihn mit meiner eigenen Stimme im Kopf gehört und genossen. Auch der ein oder andere Grantler war drunter, typisch Wien eben.
Eine Comicbiografie, wie sie unterhaltsamer kaum sein könnte, in barocken Bildern mit echter Wienstimmung und aus ungewöhnlicher Perspektive erzählt. Gelungen!
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